Samstag, 22. Dezember 2007

Köcherbäume, Giant Rocks und Kaiserliches Postamt in Keetmanshoop

Köcherbäume (Aloe dichotoma) bei Keetmanshoop

Unsere erste größere Autofahrt bringt uns von Windhoek nach Süden über 470 km bis Keetmanshoop. Die Fahrt auf der asphaltierten und verkehrsarmen B1 ist entspannt, aber ziemlich monoton. Die Klimanlage unseres Autos arbeitet am Anschlag. Außerhalb des Autos ist die Hitze kaum zu ertragen. Wir kommen ins Grübeln über die Frage, ob unsere Route klug gewählt ist. Aus der Reiseliteratur wissen wir, dass wir uns im heißesten Teil von Namibia befinden. Jetzt erfahren wir, was das bedeutet. Kurz vor Keetmanshoop erreichen wir einen sog. "Köcherbaumwald", der als herausragende Sehenswürdigkeit dieser Region gilt und darum einen Stopp gebietet. Fotogalerie

Parallel zur B1 verläuft die einspurige Eisenbahnlinie der Nord-Süd-Verbindung. Es verkehrt nur ein Zug pro Tag und wir haben das Glück ihm zu begegnen. Das ist dann aber auch schon eines der wenigen Highlights auf der Strecke. Ortschaften an der B1 sind selten und nicht wirklich einladend, weshalb wir nur zum Tanken halten. Rastplätze gibt es außerhalb von Ortschaften nur in Form kümmerlicher Parkbuchten, die als "Picnic Area" ausgewiesen sind. Hier zu picknicken ist für uns kein verlockender Gedanke, weshalb wir lieber durchfahren, um Zeit für den Köcherbaumwald und eine Besichtigung von Keetmanshoop zu gewinnen.

Köcherbäume (Aloe dichotoma) bei Keetmanshoop Köcherbäume können mehrere Meter hoch werden und einen Stammdurchmesser von bis zu 1 m erreichen. Biologisch werden diese Pflanzen jedoch nicht den Bäumen zugerechnet, sondern der Gattung der Aloengewächse. Köcherbäume wachsen eher vereinzelt und sind in den Halbwüsten Namibias und im nordwestlichen Teil Südafrikas anzutreffen. Pflanze und Wald stehen unter Naturschutz. Unser Köcherbaumwald befindet sich auf dem Privatgelände der Farm Gariganus, weshalb wir zunächst ein Ticket erstehen müssen, ehe wir uns den Pflanzen nähern dürfen. Wir treffen auf einen Bestand von ca. 250-300 Aloen, die vermutlich 200-300 Jahre alt sind. Am 1. Juni 1955 wurde dieser Bestand zum Nationalen Monument erklärt.



Giants Playground bei KeetmanshoopIn der Nähe befindet sich eine als "Giant´s Playground" bezeichnete Fels-Trümmer-Landschaft, die sich über mehrere Quadratkilometer verteilt. Mit Phantasie wirken die schwarzen Felsen wie von Riesen aufgetürmte Spielzeugsteine. Geologisch handelt es sich um 160-180 Millionen Jahre alte Doleritreste. In Afrikaans heißt dieses Trümmerfeld auch "Vratterveld" ("vrat" = Warze).








Kaiserliches Postamt in KeetmanshoopDie für uns grenzwertige Hitze im Köcherbaumwald treibt uns bald weiter nach Keetmanshoop, Hauptort der Region Karas. Trotz seiner etwa 15.000 Einwohner ist Keetmanshoop für einen westeuropäisch geprägten Touristen ein trostloser Ort, den wir als beleidigende Absage an jede Ästhetik empfinden. Ein wenig morbiden Charme zeigt lediglich noch das ehemalige "Kaiserliche Postamt", ein Relikt der Kolonialzeit. Jenseits der B1 sind auch innerhalb der Ortschaft keine Straßen asphaltiert und darum sehr staubig. Wir werden jedoch bald lernen, dass asphaltierte Straßen eine Ausnahme bilden, die nur für die großen Überlandstrecken gilt und auch dann keineswegs durchgehend. Trotz der überschaubaren Größe fällt uns die Orientierung schwer, weshalb wir zunächst  unfreiwillig den Ort erkunden, ehe wir endlich vor unserer Pension Gessert stehen.



Pension Gessert, Keetmanshoop
In dieser Landschaft bildet die Pension mit ihrem üppigen Garten eine paradiesische Oase. Unser Zimmer ist ordentlich eingerichtet und glücklicherweise klimatisiert. Die Gastgeber sind sehr herzlich, aber auf unsere Frage nach einer Restaurantempfehlung reagieren sie sparsam. Da wir nicht auf Selbstversorgung eingestellt sind, benennt der Landlord schließlich das Canyon Hotel als sinngemäß bestes von vielen schlechten Restaurants. Unser Landlord lag mit seiner Einschätzung richtig: In ungemütlicher Umgebung wird schlechtes Essen unprofessionell serviert. Außer uns findet sich nur noch eine Touristengruppe im Hotel nächtigender TUI-Reisender ein. Die Stimmung der Gruppe ist mindestens so schlecht wie das Restaurant, was uns schließlich doch noch positiv bewegt. Wir sind nämlich froh, nicht zu dieser Gruppe zu zählen.



Frühstück in der Pension Gessert, Keetmanshoop Am nächsten Morgen versöhnt uns mit dem schlechten Essen im Canyon Hotel ein geradezu umwerfend opulentes und im Detail sehr liebevoll arrangiertes Frühstück. Um 9:00 Uhr brechen wir zu unserer nächsten und mit 160 km Strecke relativ kurzen Etappe in das Gebiet des Fish River Canyon auf.


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