Montag, 13. Februar 2017

Reise vom Karoo Nationalpark nach Graaff-Reinet am Camdeboo Nationalpark

Graaff-Reinet Zwei weitere Tage bleiben wir im Gebiet der Karoo, reisen jedoch vom Karoo-Nationalpark im Northern Cape ca. 220 km in östlicher Richtung zur Stadt Graaff-Reinet(1) im Distrikt Sarah Baartman(2) in der Provinz Eastern Cape. Über 140 km durchqueren wir zwischen Beaufort West und Aberdeen eine durch Schafzucht völlig überweidete trostlose, flache Steppenlandschaft. Ab Aberdeen wird die Karoo bergig und grün. Die in einer Flussschleife des Sundays River liegende Stadt Graaff-Reinet ist nahezu vollständig vom Camdeboo-Nationalpark umgeben, den wir morgen besuchen werden. In Graaff-Reinet stehen mehr als 200 Gebäude im kapholländischen oder viktorianischen Stil unter Denkmalschutz. Der für südafrikanische Verhältnisse vergleichsweise hübsche Ort erinnert an Stellenbosch in den Winelands bei Kapstadt. In der Vergangenheit war Graaff-Reinet zunächst ein Stützpunkt auf dem Weg zu Diamenten- und Goldfeldern im Norden des Landes. In der Gegenwart ist Graaff-Reinet ein Wirtschafts- und Handelszentrum der Viehzucht. - Fotogalerie

Villa Reinet
Garten Villa Reinet In Graaff-Reinet wohnen wir in der Villa Reinet, ein B&B in gepflegter Wohngegend und einigen Restaurants um die Ecke. Die Zugänge zu den 6 Zimmern des B&B führen in den üppigen Garten des Hauses. Die Einrichtung des Hauses und der Zimmer ist typisch britisch und eher mittelklassig. Highlights des Hauses sind die herzlichen Gastgeber sowie der üppig begrünte, blühende Garten. Obwohl wir bereits in der Mittagszeit eintreffen, können wir das Zimmer beziehen und bekommen zur Begrüßung einen frisch aufgebrühten Kaffee im Garten serviert. Weniger glücklich stimmt einmal mehr die Internetverbindung. Nach 3 Offline-Tagen im Karoo Nationalpark hat sich ein Aufgabenstau angesammelt, der mit brauchbarer Internetverbindung am Nachmittag locker abzuarbeiten wäre. ‚Free WiFi’ ist jedoch nur in der Nähe der Privaträume der Vermieter zu haben und auch nur in schlechter Qualität mit unsicherer Verbindung. Das Frühstück ist ebenfalls britisch. Immerhin sieht es einen ordentlichen frischen Obstsalat und Naturjoghurt vor.

Restaurant Polka
Caprese auf Art des Hauses Der Auftakt zum Dinner im Restaurant Polka stimmt skeptisch. Das beliebte Restaurant ist regelmäßig ausgebucht, weshalb wir die Reservierung per E-Mail in Deutschland vorgenommene haben. In der Reservierungsliste sind wir jedoch nicht eingetragen. Da zum Zeitpunkt unseres Eintreffens noch nicht alle Tische besetzt sind und wir die E-Mail vorweisen können, erhalten wir einen guten Tisch im Außenbereich des Restaurants.
Die kleine Weinkarte führt einen vorzüglichen Sauvignon Blanc von Mulderbosch, den wir selbstverständlich ordern. Unsere tadellosen Vorspeisen und Hauptspeisen rechtfertigen den Ruf des Restaurants. Kurios wirkt lediglich die südafrikanische Interpretation des italienischen Klassikers ‚Caprese’. Erwartet haben wir mit Büffelmozzarella und Basilikum belegte sowie mit Olivenöl und eventuell mit Parmesan gewürzte Tomatenscheiben. Stattdessen liegen auf dem Teller 3 mit Käse überbackene Scheiben Baguette in der Begleitung von Kirschtomaten und Basilikumpesto. Geschmacklich ist an dieser Variante nichts auszusetzen. (Restaurantrechnung inkl. Tip: ca. 40 €)

Anmerkungen
  1. Graaff-Reinet wurde 1786 von der Niederländischen Ostindien-Kompanie gegründet und ist nach Kapstadt, Stellenbosch und Swellendam die viertälteste Stadt Südafrikas. Benannt wurde die Stadt nach dem niederländischen Gouverneur Cornelis Jacob van de Graeff und seiner Frau Hester Cornelia Reinet.
    Während die Ostindien-Kompanie eine Politik friedlicher Kooperation zwischen ansässigen Khoikhoi (abwertend als Hottentotten bezeichnet) und Buren anstrebte, verfolgten Buren eine harte Linie. Mit religiös-calvinistischen Argumenten werteten sie Sklaverei und Rassentrennung als legitim. Verhandlungen mit den Khoikhoi lehnten sie ebenso ab wie deren Missionierung.
    Khoikhoi verdrängten nomadisch auf Steinzeitniveau lebende Jäger und Sammler der San aus ihren ursprünglichen Lebensräumen. San zogen sich in wasserarme Halbwüsten der Karoo und der Kalahari zurück. Keine andere Ethnie machte ihnen diese Lebensräume streitig, in denen nur San zu leben verstanden.
    Im 18. Jahrhundert drangen Buren mit Schafzucht in die Karoo vor. Schafzucht leitete in der kargen Karoo den Untergang der Ethnie der San und die biologische Zerstörung der Karoo ein. San weigerten sich, als Sklaven für Buren zu arbeiten. Schafzucht und Weidewirtschaft von Buren zerstörten jedoch die sensible Botanik und das Gleichgewicht zwischen Flora und Fauna der Karoo, so dass sich San nicht mehr in der Karoo ernähren konnten. Sie wichen auf Schafe der Buren aus und lieferten damit Gründe für regelrechte Vernichtungsfeldzüge in Südafrika. Deutsche 'Schutztruppen' gingen auf dem Gebiet der damaligen Kolonie Deutsch-Südwestafrika (Namibia) ähnlich gegen die San vor.
    Nach Aufhebung der Apartheid (1990 in Namibia, 1994 in Südafrika) emigrierten Buren und andere Weiße zu Tausenden aus Südafrika insbesonders nach Großbritannien, Australien und Neuseeland. Georgien bemüht sich, Buren ins Land zu holen, um mit deren Unterstützung die georgische Landwirtschaft zu modernisieren.
  2. Sarah Baartman war eine 1789 geborene Khoikhoi-Frau, die im Cacadu Distrikt der Karoo lebte. 1796 kaufte ein freier Schwarzer, Pieter Ciesars, Sarah Baartman. Nach seinem Tod lebte Sarah mit Hendrik van Jong, Trommler der niederländischen Armee. Hendrik hatte Geldprobleme und ließ Sarah aufgrund anatomischer Besonderheiten gegen Geld im örtlichen Militärhospital vor Seeleuten und Soldaten als ‚Hottentottenvenus’ auftreten. Dort fiel sie dem Arzt Alexander Dunlop auf, der ebenfalls Geldprobleme hatte und die Idee absonderte, Sarah ab 1810 in London und in der englischen Provinz sowie in Paris in Freak-Shows als ‚Hottentot Venus’ auszustellen. Nach ihrem Tod 1815 in Europa wurde Sarah Baartman seziert und teilweise konserviert.
    Sklaverei schafften Briten 1833 in Südafrika ab. Die demokratisch gewählte südafrikanische Regierung forderte eine Herausgabe der sterblichen Reste Sarah Baartmans. Französische Museen, die Sarah Baartmans Präparate aufbewahrten, weigerten sich zunächst, weil sie einen Präzedenzfall fürchteten. Nach einer Intervention von Präsident Nelson Mandela erfolgten 2002 Sarah Baartmans Überführung und ihre feierliche Beisetzung in ihrem Heimatdistrikt Cacadu in der südafrikanischen Provinz Eastern Cape. 2015 wurde der Cacadu District in Sarah Baartman umbenannt.

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