Auf
Empfehlung unseres Herbergswirtes haben wir für den Vormittag eine
Bootstour mit dem Schoner Sedina gebucht, die um 8:00 Uhr startet. Um 7:00 Uhr ist daher
bereits Frühstück angesagt. Fotogalerie Lüderitz
Im Frühstücksraum treffen wir ein ursprünglich in Lüderitz aufgewachsenes deutschsprachiges Ehepaar, das inzwischen eine Farm in Südafrika betreibt. Einmal im Jahr findet so etwas wie ein Klassentreffen statt, weshalb die beiden nach Lüderitz gereist sind. Aus Sicht des Paares stirbt Lüderitz aus mehreren Gründen einen langsamen Tod: Diamantenvorkommen sind erschöpft, zunehmende Trockenheit macht einen Farmbetrieb unmöglich, das Meer ist überfischt. Wir erfahren, dass Lüderitz vor 40 Jahren eine deutsche Stadt war. Die deutsche Jungenschule hatte 250 Schüler und es gab zahlreiche deutsche Handwerker und Geschäfte. Schwarze gab es zwar auch, aber nur als Gastarbeiter für niedere Arbeiten. Eine deutsche Schule und deutsche Geschäfte gibt es heute nicht mehr. Der Anteil der schwarzen Bevölkerung dominiert schon lange, aber Arbeit gibt es kaum noch. Die Kriminalität ist hoch und der Sicherheitsbedarf dementsprechend ebenfalls. Auch unser Guesthouse ist massiv gesichert und wird während der Dunkelheit zusätzlich von Sicherheitspersonal bewacht.
Die
Einschätzung eines sterbenden Lüderitz können wir teilen, wenn damit
das historische Lüderitz gemeint ist. Auch für uns ist es
offensichtlich, dass in Lüderitz eine kulturelle Transformation
stattfindet, von der sich noch nicht absehen lässt, welche Richtung sie
weiter nehmen bzw. wohin sie führen wird. Die Welt: Das Deutsche in der Wüste, eine optische Täuschung
Insgesamt finden sich 10 Touristen im Hafen ein, die mit dem Schoner Sedina an der Fahrt bis zur Insel Halifax teilnehmen wollen. Dort soll vielfältiges Wildlife zu sehen sein wie Robben, Pinguine und Flamingos.
Nachdem
jeder 240 Namib$ (ca. 24 €) für die Tour von 2,5 Stunden Dauer gezahlt hat,
suchen wir uns einen Platz an Deck und dann geht es auch gleich los. Bei
der Ausfahrt aus dem Hafen erkennen wir auf der Landseite unser
Guesthouse "Zur Waterkant" (Winkelbungalow in der Mitte der hinteren
Reihe). Trotz
des ruhigen und sonnigen Wetters weht vor der Küste ein kräftiger Wind
und sorgt für einen Seegang, der bei einer längeren Fahrt schnell in
Seekrankheit umschlagen kann.
Auf Halifax wurde bis 1949 Guano abgebaut, der sich dort in einer bis zu 4 m starken Schicht abgelagert hatte. Die Reste einer Station stammen aus dieser Zeit. Heute wird die Station von einer Kolonie Brillenpinguine bewohnt. Für Touristen ist die Insel nicht zugänglich, weil sie seit 2009 zu einem Meeresschutzgebiet zählt. Das Meeresschutzgebiet dient dem Schutz der Flora und Fauna mit mehr als 14 Seevogelarten, Pinguinen und der weltweit größten Kormorankolonie.
Nach der Bootstour begeben wir uns auf die Suche nach Einkaufsquellen für unser Diner. Eine Lagerhalle unter Polizeischutz erweist sich als eine Art Supermarkt, der tatsächlich geöffnet hat. Das bescheidene Angebot muss für unsere heutige Versorgung ausreichen.
Nachdem die Selbstversorgung gesichert ist, fahren wir mit dem Auto
noch einmal hinaus zur Lüderitzhalbinsel, die wie eine menschenfeindliche
Mondlandschaft anmutet.
Auf dem Weg zum Diaz Point sehen wir neben riesigen Seeschwalbenkolonien eine Flamingokolonie und eine große Robbenkolonie. Je nach Meeresströmung können die Küstengewässer aufgrund gelöster Sedimente so giftig sein, dass Robben weit draußen im Meer jagen müssen und ihre Jungen bis zu 2 Tage sich selbst überlassen bleiben. Ohne den Schutz ihrer Mütter werden viele Jungtiere Opfer von Raubmöven und streunendem Wild. Zusätzlich werden viele Jungtiere von Menschen erschlagen, weil Robben mit Menschen um die nur noch kleinen Fischbestände konkurrieren. Die Reduzierung der ehemals reichen Fischbestände ist ausschließlich Menschenwerk und nicht den Robben vorzuwerfen.
Auf einem Felsvorsprung der Lüderitzhalbinsel liegt unweit vom Leuchtturm der Diaz Point, an dem der portugiesische Seefahrer Bartolomeu Diaz bei seiner Umseglung Afrikas als erster Europäer der Neuzeit 1487 an Land ging. Diaz soll hier eine Kreuzsäule aufgestellt haben. Wir besichtigen eine 1921 gefertigte Kopie des Originalkreuzes, das sich im Deutschen Historischen Museum in Berlin befindet. Das Kreuz steht auf einem der Küste vorgelagerten Felsen, der über einen Steg erreicht wird. Am Kreuz zerrt kräftiger Wind an der Mütze.
In unmittelbarer Nähe des Diaz Points befindet sich der Leuchtturm von Lüderitz. Ein Campingplatz und ein kleiner Strand liegen in Sichtweite.
Die Aussichtsplattform des Leuchtturms ist leider nicht
zugänglich. Geöffnet hat jedoch ein als "Oyster Bar" bezeichneter
Bretterverschlag, an dem unter einem Sonnenschutz einige Tische und
Bänke aufgestellt sind. Der Name verspricht nicht zuviel. Tatsächlich
werden frische Austern zu einem extrem günstigen Preis angeboten. Für 6
Austern, ein Glas südafrikanischen Sauvignon Blanc und einen
Stempelkaffee zahlen wir insgesamt ca. 6 €. Jenseits der Bucht schauen wir in der
vor Hitze flimmernden Luft auf Lüderitz in seiner ganzen
Trostlosigkeit.
Unser Ausflug endet mit einem Abstecher zum Agate Beach, Strandregion von Lüderitz. Vor allem Jugendliche fahren am späten Nachmittag mit ihren Autos bis auf den Strand und veranstalten hier Party mit Grill, Bier und Hip Hop Musik aus Ghettoblastern. Das ist nicht unsere Szene, weshalb wir gleich wieder umkehren und zurück zu unserem Guesthouse fahren.
Das Abendessen und einen guten südafrikanischen Wein nehmen wir heute auf
der Terasse des Guesthouse ein. Im Nachhinein sagen wir uns, dass wir
die beiden Tage für den Abstecher nach Lüderitz besser für attraktivere
Gebiete investiert hätten. Andererseits ist Lüderitz gerade wegen dieser
Erfahrung trostloser Morbidität einen Besuch wert.
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