Heute sind wir uns sicher, die richtige Route gewählt zu haben. Wir erreichen eine grandiose, urzeitliche Landschaft und sehen diese nicht nur auf Fotos oder in einem Film, sondern wir stehen mittendrin. Geradezu überwältigt fühlen wir uns um viele Millionen Jahre zurück versetzt. Wenn sich jetzt Dinos zeigen würden, wären wir nicht überrascht. Auch wenn diese Überraschung ausbleibt, bereitet uns die Reise heute erstmals einen ungeahnten Genuß, für den wir kaum Worte finden. In dankbarer Ehrfurcht genießen wir still unser Glück. Fotogalerie
Um es gleich vorweg zu nehmen: Das Canyon Village, unsere Unterkunft der beiden nächsten Tage, ist ein Volltreffer! Eine weitere Steigerung scheint uns undenkbar zu sein, aber auf unserer weiteren Reise sollten wir dem Undenkbaren noch mehrfach begegnen.
Am Morgen sind wir gegen 9:00 Uhr in Keetmanshoop aufgebrochen. Seit wir die B4 verlassen haben, fahren wir nur auf Sandpisten. Diese Straßen sind zwar gewöhnungsbedürftig, aber da wir uns bis auf wenige Ausnahmen nur auf "gravel roads" bewegen werden, bleibt uns nichts anderes übrig, als uns möglichst schnell daran zu gewöhnen.
Bei
traumhaftem Wetter und großer Hitze fahren wir etwas mehr als 150 km
durch monotone Landschaft. Am Mittag erreichen wir die Canyon Lodge,
unsere Unterkunft der beiden nächsten Tage. Im Hauptgebäude der Lodge
sind Rezeption, Küche und Restaurant, Shops und sogar ein Biergarten
untergebracht. Die Unterkünfte für die Gäste sind an einem ringfömigen
Weg aufgereiht. Wir bewohnen die Hälfte einer kleinen Hütte, deren
Anblick uns zunächst an einen Stall erinnert. Die Inneneinrichtung
überrascht uns positiv und verwandelt unsere anfängliche Skepsis in
Begeisterung für diese komfortable Unterkunft.
Obwohl es weit und breit kein Wasser gibt, befindet sich auf dem Gelände sogar ein Swimmingpool, neben dem wir als besondere Kuriosität die "Bar of Honesty" entdecken. Die kleine Bar wird ohne Barpersonal betrieben. Auf dem Kühlschrank mit gekühlten Getränken steht eine Blechdose, in die Geld für entnommene Getränke lt. ausliegender Preisliste deponiert werden soll. Das wird hoffentlich funktionieren. Wir halten uns jedenfalls daran. Nach einem kleinen Picknick machen wir uns auf den Weg zum Fish River Canyon. Bis zum Main View Point sind 10 km zu fahren.
Am Gate bei Hobas zahlen wir für den Zugang zum National Park 170 Namib Dollars (ca. 17 €). Für uns kein Problem, für afrikanische Verhältnisse ein Vermögen, wenn mehr als 50 % der Bevölkerung Namibias ein Einkommen von weniger als 2 US$ pro Tag erreicht (Zahlen lt. Hans-Seidel-Stiftung). Die schnelle Wolkenbildung lässt uns ein drohendes Gewitter erwarten und ermahnt uns darum zur Eile. Am Main View Point verweilen wir darum nur für einige Fotos am "Hell Band" (Höllenkurve) mit dem Blick auf den mehr als 500 m tiefer fließenden Fish River. (Der helle Streifen auf der oberen rechten Seite des Satelitenfotos ist die Zufahrt bei Hobas zum Main View Point.)
Wir
schauen auf eine geologisch extrem alte Landschaft. Geologen ordnen sie in
die Ära des Kambriums (542 - 488
Millionen Jahre) des Erdaltertums (Paläozoikum) ein, eine Zeit, zu der auf dem
Land noch keine Flora existierte. Über diesen Zeitraum hat der Fish
River sich in die Landschaft gegraben und einen Canyon entstehen lassen,
der mit einer Länge von über 160 km, einer Breite von bis 27 km und
einer Tiefe von bis 550 m der größte Canyon Afrikas ist und nach dem Grand
Canyon als zweitgrößter Canyon der Erde gilt. Der Fish River ist zwar der
längste Fluß Namibias, führt aber nur wenig Wasser, was nicht nur dem
seit 5 Jahren aubleibenden Regen, sondern auch den Staubecken
flußaufwärts geschuldet ist.
In
der Ferne sehen wir bereits zuckende Blitze und geöffnete
Himmelsschleusen. Ehe uns das Wetter erreicht, wollen wir noch einen
weiteren View Point besuchen und fahren darum bald weiter. Unzählige
Steinmänner machen auf den View Point aufmerksam. Hier gibt es keine
Aussichtsplattform und kein Geländer, weshalb wir uns vorsichtig bis zum
Rand des Canyons vortasten. Wir nehmen uns nur wenig Zeit für einige
Fotos. Kaum haben wir das Auto erreicht, ist auch das Gewitter über uns.
Der dringend benötigte Regen bleibt jedoch aus.
Im
Canyon Village ist zunächst ein Besuch im Biergarten fällig. Das Draught
Bier kommt jetzt genau richtig, ehe wir zu unserer Unterkunft gehen.
Zum Abendessen wird ein viergängiges Menü in guter Qualität geboten.
Außer einigen Individualreisenden ist das Restaurant von zwei großen
Gruppen besucht, die mit Reisebussen unterwegs sind. Eine dieser Gruppen
setzt sich aus deutschen Studiosus-Reisenden zusammen. Wir beobachten
die typischen gruppendynamischen Effekte und sind froh, davon verschont
zu bleiben.
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