Unsere erste größere Autofahrt bringt uns von Windhoek nach Süden über
470 km bis Keetmanshoop. Die Fahrt auf der asphaltierten und
verkehrsarmen B1 ist entspannt, aber ziemlich monoton. Die Klimanlage
unseres Autos arbeitet am Anschlag. Außerhalb des Autos ist die Hitze
kaum zu ertragen. Wir kommen ins Grübeln über die Frage, ob unsere Route
klug gewählt ist. Aus der Reiseliteratur wissen wir, dass wir uns im
heißesten Teil von Namibia befinden. Jetzt erfahren wir, was das
bedeutet. Kurz vor Keetmanshoop erreichen wir einen sog.
"Köcherbaumwald", der als herausragende Sehenswürdigkeit dieser Region
gilt und darum einen Stopp gebietet.
Fotogalerie

Parallel
zur B1 verläuft die einspurige Eisenbahnlinie der Nord-Süd-Verbindung.
Es verkehrt nur ein Zug pro Tag und wir haben das Glück ihm zu begegnen.
Das ist dann aber auch schon eines der wenigen Highlights auf der
Strecke. Ortschaften an der B1 sind selten und nicht wirklich einladend,
weshalb wir nur zum Tanken halten. Rastplätze gibt es außerhalb von
Ortschaften nur in Form kümmerlicher Parkbuchten, die als "Picnic Area"
ausgewiesen sind. Hier zu picknicken ist für uns kein verlockender
Gedanke, weshalb wir lieber durchfahren, um Zeit für den Köcherbaumwald
und eine Besichtigung von Keetmanshoop zu gewinnen.

Köcherbäume
können mehrere Meter hoch werden und einen Stammdurchmesser von bis zu 1 m
erreichen. Biologisch werden diese Pflanzen jedoch nicht den Bäumen
zugerechnet, sondern der Gattung der Aloengewächse. Köcherbäume wachsen
eher vereinzelt und sind in den Halbwüsten Namibias und im
nordwestlichen Teil Südafrikas anzutreffen. Pflanze und Wald stehen
unter Naturschutz. Unser Köcherbaumwald befindet sich auf dem
Privatgelände der Farm Gariganus, weshalb wir zunächst ein Ticket
erstehen müssen, ehe wir uns den Pflanzen nähern dürfen. Wir treffen auf
einen Bestand von ca. 250-300 Aloen, die vermutlich 200-300 Jahre alt
sind. Am 1. Juni 1955 wurde dieser Bestand zum Nationalen Monument
erklärt.

In
der Nähe befindet sich eine als "Giant´s Playground" bezeichnete Fels-Trümmer-Landschaft, die sich über mehrere Quadratkilometer verteilt. Mit
Phantasie wirken die schwarzen Felsen wie von Riesen
aufgetürmte Spielzeugsteine. Geologisch handelt es sich um 160-180
Millionen Jahre alte Doleritreste. In Afrikaans heißt dieses
Trümmerfeld auch "Vratterveld" ("vrat" = Warze).

Die
für uns grenzwertige Hitze im Köcherbaumwald treibt uns bald weiter
nach Keetmanshoop, Hauptort der Region Karas. Trotz seiner etwa
15.000 Einwohner ist Keetmanshoop für einen westeuropäisch geprägten
Touristen ein trostloser Ort, den wir als beleidigende Absage an jede
Ästhetik empfinden. Ein wenig morbiden Charme zeigt lediglich noch das
ehemalige "Kaiserliche Postamt", ein Relikt der Kolonialzeit. Jenseits
der B1 sind auch innerhalb der Ortschaft keine Straßen asphaltiert und
darum sehr staubig. Wir werden jedoch bald lernen, dass asphaltierte
Straßen eine Ausnahme bilden, die nur für die großen Überlandstrecken
gilt und auch dann keineswegs durchgehend. Trotz der überschaubaren
Größe fällt uns die Orientierung schwer, weshalb wir zunächst
unfreiwillig den Ort erkunden, ehe wir endlich vor unserer Pension
Gessert stehen.
In
dieser Landschaft bildet die Pension mit ihrem üppigen Garten eine
paradiesische Oase. Unser Zimmer ist ordentlich eingerichtet und
glücklicherweise klimatisiert. Die Gastgeber sind sehr herzlich, aber
auf unsere Frage nach einer Restaurantempfehlung reagieren sie sparsam. Da wir nicht auf Selbstversorgung eingestellt sind, benennt
der Landlord schließlich das Canyon Hotel als sinngemäß bestes von
vielen schlechten Restaurants. Unser Landlord lag mit seiner
Einschätzung richtig: In ungemütlicher Umgebung wird schlechtes Essen
unprofessionell serviert. Außer uns findet sich nur noch eine
Touristengruppe im Hotel nächtigender TUI-Reisender ein. Die Stimmung der Gruppe ist mindestens so schlecht wie das Restaurant, was uns
schließlich doch noch positiv bewegt. Wir sind nämlich froh, nicht zu
dieser Gruppe zu zählen.

Am nächsten Morgen versöhnt uns mit dem schlechten
Essen im Canyon Hotel ein geradezu umwerfend opulentes und im Detail sehr liebevoll arrangiertes Frühstück. Um 9:00 Uhr brechen wir zu unserer nächsten und mit 160 km Strecke relativ kurzen
Etappe in das Gebiet
des Fish River Canyon auf.
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