Donnerstag, 23. Februar 2017

Dinner auf der Kap-Halbinsel in Kapstadt, Constantia, Noordhoek

Amuse Bouche La Colombe Garden
La Colombe Garden (Amuse Bouche)
Im Raum Kapstadt kommen 'Foodies' auf ihre Kosten, wenn sie die Qual der Wahl bewältigt haben. Das Preis-Leistungs-Verhältnis von Spitzenrestaurants ist im Vergleich zu Europa und USA sehr günstig, aber längst nicht mehr so günstig wie vor 10-15 Jahren.
Bereits in Deutschland haben wir 4 Restaurants reserviert, die wir im Rahmen unseres einwöchigen Aufenthaltes in Hout Bay (ein Vorort von Kapstadt) besuchen möchten. Auf ein Dinner im The Test Kitchen (bestes Restaurant in Afrika und Nr. 22 der Pellegrino-Liste 2016 der weltbesten Restaurants) müssen wir auch in diesem Jahr verzichten, weil eine Reservierung nicht möglich war, obwohl wir uns strikt an das vom Restaurant vorgegebene Prozedere gehalten haben. Unsere Auswahl neuer avantgardistischer und bewährter klassischer Restaurants verspricht dennoch spannend zu werden. Sie deckt ein weites Spektrum ab und berücksichtigt mit La Colombe ein Restaurant auf Platz 76 der Pellegrino-Liste 2016.  


La Colombe at Silvermist, Constantia Nek - Fotogalerie
Palate Cleanser (Sorbet)Tuna 'La Colombe'La Colombe At Silvermist

Das Dinner im Restaurant La Colombe vermittelt ein absolut herausragendes Esserlebnis, wie wir es bisher nur äußerst selten genießen konnten. Originalität und Kreativität sind schwerer vergleichbar als Güte von Menüs, Qualität von Produkten und handwerkliche Perfektion von Gerichten. La Colombe setzt Maßstäbe, die selbst in der Klasse von 3 Michelin-Sternen keine Selbstverständlichkeiten darstellen. In der Vergangenheit hat sich  La Colombe auf dem Wine Estate Constantia Uitsig zunächst unter Küchenchef Franck Dangereux (aktuell The Foodbarn in Noordhoek) und anschließend unter Luke Dale-Roberts in der gastronomischen Weltspitze etabliert. Nachdem Luke Dale-Roberts La Colombe verließ, um mit The Test Kitchen sein eigenes Restaurant zu eröffnen, übernahm sein Souschef Scot Kirton die Verantwortung, während das Restaurant von Constantia Uitsig nach Constantia Nek zum Silvermist Mountain Lodge & Wine Estate umzog. In der neuen und keineswegs abschreckend vornehm eingerichteten Umgebung glänzt das Restaurant unter seinem aktuellen Chefkoch mit höchster Kochkunst und einem mit großem Engagement völlig uneitel agierendem herausragendem Service.

Das Dinner-Angebot beschränkt sich auf ein 9-gängiges Degustationsmenü zum Preis von ZAR 1.090 Rand (ca. 80 €). Wer sich von 9 Gängen überfordert fühlt, kann sich für eine auf 5 Gänge reduzierte Auswahl aus diesem Menü zum Preis von ZAR 790 (ca. 57 €) entscheiden. Beide Menüs umfassen Brot mit Butter, ein Amuse Bouche, ein Sorbet als Neutralisierer zwischen Fisch- und Fleischgang sowie Petit Fours zum Abschluss. Bei Portionen in Tapas-Größe schreckt das große Menü nicht ab, aber wir entscheiden uns für das reduzierte Menü inkl. Weinbegleitung (ZAR 390 bzw. ca. 28 €). Eine kompetente Sommelière beschreibt ausführlich die zu den jeweiligen Gerichten gereichten Weine und begründet, warum gerade dieser Weine als Begleiter ausgewählt wurden. Bereits der 'La Colombe Garden' als Amuse Bouche ist derart faszinierend gelungen, dass wir uns fragen, ob dieses Niveau durchgehalten werden kann. Die Frage erledigt sich bald. Jeder der 5 Gänge begeistert uns ebenso wie die Weinbegleitung. Als persönliches Lieblingsgericht kühren wir das (lt. Service-Chef) 'Flagship Dish' einer gebratenen Jakobsmuschel mit einem langsam über Nacht bei 60 Grad gegartem Schweinbauch, Gemüsen und einer phantastischen Sauce.

Für eine große kulinarische Oper sind per Saldo ca. 235 € aufgerufen (Menü, Weinbegleitung, Sekt, Espresso, Tip), in Deutschland undenkbar.

Aubergine, Kapstadt - Fotogalerie
Hauptgericht Springbok Loin Vorspeise Kingklipp












In der sich schnell verändernden grastronomischen Szene bildet das vom Eifeler Harald Bresselschmidt als Inhaber und Küchenchef seit mehr als 20 Jahren betriebene Restaurant Aubergine einen Fixpunkt. Das Restaurant in Kapstadts Innenstadt haben wir seit 2001 mehrmals besucht, aber unser letzter Besuch liegt 10 Jahre zurück. Autofahrer führen in Kapstadt kein leichtes Leben. Für die Fahrt zum Restaurant beauftragen wir daher einen Shuttle-Service, der völlig versagt und uns einmal mehr kulturelle Unterschiede bewusst macht. Zur vereinbarten Zeit warten wir vergebens. Nach mehreren Telefonaten fährt mit 30 Minuten Verspätung das Fahrzeug mit 2 jungen Männern vor. Die halbstündige Fahrt durch chaotischen Verkehr endet mit der Erklärung: "Here we are!" Offensichtlich liegt ein Irrtum vor. Das Büro hat die Fahrzeugführer mit einer falschen Adresse beauftragt. In Kapstadt kennen sich die Jungs nicht aus, führen aber weder ein GPS noch einen Stadtplan mit. Telefonate mit dem Büro helfen nicht weiter. Dank unseres eigenen Smartphones gelingt es schließlich, das Fahrzeug mit 45 Minuten Verspätung zur korrekten Adresse zu navigieren. Auf Anweisung des Büros entfällt der vereinbarte Preis. Die Rückfahrt mit einem vom Restaurant gerufenen Taxi ist problemlos.

Äußerlich ist uns das Restaurant vertraut, während die Aufteilung der Innenräume sich völlig verändert darstellt. Die ehemals eher elegante Einrichtung präsentiert sich aktuell in rustikaler Gestaltung mit Bezügen auf kulturelle Kontexte. Der Service agiert professionell. Wir entscheiden uns für ein 3-Gangmenü inkl. Weinbegeitung (ZAR 790 pP, ca. 57 €). Unter der verunglückten Anfahrt leiden jedoch Stimmung und Appetit, sodass uns eine faire Beurteilungen der Küchenleistung schwer fällt. Die Qualität der Produkte ist tadellos. Die soliden Gerichte orientieren sich an klassischer französischer Küche. Begeisterung stellt sich nicht ein. Die Endrechnung inkl. Sekt, Wasser und Tip beträgt ZAR 2.061, ca. 148 €).

The Foodbarn, Noordhoek - Fotogalerie
The Foodbarn, NoordhoekThe Foodbarn, NoordhoekThe Foodbarn, Noordhoek

Als Küchenchef des vornehmen Spitzen-Restaurants La Colombe hat sich Franck Dangereux in die kulinarische Weltspitze gekocht. Wir wissen nicht, warum Franck Dangereux das La Colombe verlassen hat. In der Gegenwart betreibt er im The Farm Village von Noordhoek zwei eigene Restaurants, von denen nur das The Foodbarn am Abend geöffnet hat. In der Farm Village konzentrieren sich etliche Restaurants und Cafés unterschiedlicher Güte und Stile. Vorwiegend Einheimische sind hier anzutreffen. Touristen sind uns jedenfalls nicht aufgefallen. Am Abend ist der Andrang so groß, dass wir nur mit Mühe einen etwas außerhalb liegenden Parkplatz finden.

Im The Foodbarn, das wir aus dem Vorjahr in bester Erinnerung haben (Post vom 4.02.2016), verzichtet Franck Dangereux auf das Ambiente von Spitzengastronomie und bietet in rustikal-entspannter Atmosphäre eine exzellente Küche, die jedem Vergleich standhält. Sensationell fällt unsere Vorspeise aus, ein 'Fish Tartare' mit einigen Beilagen zum Preis von ZAR 95 (ca. 6,90 €). Nicht weniger begeistert sind wir von unseren Hauptgerichten, Kingklip als Linefish (ZAR 205, ca. 14 €) sowie Lamb Rack vom Karoo Lamm (ZAR 230, ca. 16,50 €). In Anbetracht der großen Portionen und des großzügig angebotenen guten Brotes hätte es der zusätzlich bestellten Gemüsebeilage (ZAR 36, ca. 2,60 €) nicht bedurft. Eine große Flasche Mineralwasser wird mit ca. 1,30 € und ein hervorragender Espresso mit knapp 1 € berechnet. Die Rechnung inkl. Sekt, Wasser und Tip beträgt ZAR 953, ca. 69 €). The Foodbarn ist unser eindeutiger Preis-Leistungs-Sieger.

Greenhouse at The Cellars-Hohenort, Constantia - Fotogalerie
Vordessert - Honeycomb mit RooibosteeSpringbock-Medaillons mit Mushrooms und geeister Beilage Am Ende unserer kulinarischen Reise im Raum Kapstadt besuchen wir das Restaurant Greenhouse des Luxus-Hotels Cellars-Hohenort in Constantia. Das elegant eingerichtete Restaurant tritt mit großem Anspruch an: "Modern South African cooking. Local and historical ingredients telling stories. Each plate a question, an idea, an experience."
Der professionelle Service serviert ausschließlich ein 10-Gang-Tapas-Menü zum Preis von ZAR 1.100 pP (ca. 80 €). Unverträglichkeiten und Abneigungen werden selbstverständlich abgefragt, ansonsten wird gegessen, was auf den Tisch kommt. Als Autofahrer verzichten wir auf Wein und gönnen uns lediglich ein Glas Sekt.

Jeder Gang des kreativen Menüs bietet neue, positive Überraschung und erzählt in der Tat kulinarisch interpretierte Geschichten aus Fauna, Flora, Folklore und Historie des Landes. Die Gerichte sind nicht frei von Gimmicks und Moden, beeindrucken aber vor allem mit Qualität und einer modernen Kombination von Geschmacksrichtungen, Aromen und Texturen. Im Vergleich zum Menü im La Colombe empfinden wir jedoch Gerichte im Greenhouse als vordergründiger und vermissen in Kompositionen jene Struktur und Tiefe, die uns im La Colombe sehr beeindruckt hat. In unserem persönlichen Ranking belegt daher Greenhouse Platz 2 knapp hinter La Colombe. Die Gesamtrechnung inkl. Sekt, Wasser und Tip beträgt ZAR 2.680, ca. 193 €.

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