Vom African Vineyard Guest House im Kanoneiland, eine landwirtschaftlich intensiv genutzte Region der Kalahari an einem Abschnitt des Orange Rivers, reisen wir zur Central Karoo, eine trockene Halbwüste im Zentrum Südafrikas. Auch diese Region wird seit Jahrhunderten von europäischen Siedlern für Farmwirtschaft genutzt. Raubtiere und Nahrungskonkurrenten störten die farm- oder landwirtschaftliche Produktion und wurden vertrieben, erschlagen oder erschossen. Menschen einheimischer Ethnien erging es nicht besser, wenn sie sich nicht an Lebensbedingungen, Religion und Wertvorstellungen von Siedlern anpassen und ein Leben als sklavenartige Farmarbeiter akzeptieren wollten. Siedlerkultur und deren Weidewirtschaft zerstörte endemische Kultur und deren Flora und Fauna in erdgeschichtlich kurzer Zeit.
Um kurz nach 8:00 Uhr brechen wir auf und fahren auf gut ausgebauten Straßen durch überwiegend eintönige Landschaften. Die mit fast 700 km längste Autoetappe unserer Reise lässt für Besichtigungen keine Zeit, was nicht stört, weil die Strecke kaum Interessantes bietet. Auf einigen Abschnitten verläuft die Nationalstraße über 30-40 km schnurgerade durch endloses karges Farmland. Wenn das Gelände eine Kurve erfordert, wird diese rechtzeitig auf Verkehrsschildern angekündigt. Um 16:00 Uhr erreichen wir das Gate zum Nationalpark. In der Liste am Hauptgate tragen wir uns als die zweiten Besucher an diesem Tag ein. - Fotogalerie
Karoo Nationalpark
Unsere Erwartungen an den Karoo Nationalpark sind verhalten. Auf der Reise nach Süden scheint er uns lediglich ein günstiger Standort für einen Zwischenstopp zu sein. Die tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort übersteigen unsere Erwartungshaltung vielfach, sodass wir nach dieser Erfahrung den Karoo Nationalpark als Ziel für weitere Reisen nach Südafrika vormerken.
Bemerkenswert ist das schwache Besucherinteresse, was nicht nur dem unsicheren Wetter mit täglichen Regenfällen geschuldet sein dürfte. Nicht mehr als 20-30 Residents übernachten während unseres Aufenthaltes in den Cottages. Tagesgäste sind nicht zu erkennen.
Der Nationalpark wurde 1989 mit dem Ziel eingerichtet, in einem begrenzten Areal bei der Stadt Beaufort West den ursprünglichen Charakter der Karoo zu renaturieren. Mit mehr als 9000 Pfanzenspezies verfügt der Nationalpark über die weltweit größte Diversität von Wüstenflora sowie über eine Vielfalt von Sukkulenten, wie sie an keinem anderen Ort der Welt bekannt ist. Nicht weniger beeindruckend ist die Vielfalt der Fauna mit mehr als 200 Vogelarten (darunter 22 brütende Black-Eagle-Paare), 63 Säugetierarten, 59 Reptilienarten und 8 Amphibienarten. Seit 2010 sind wieder Löwen im Park angesiedelt, die das natürliche Gleichgewicht großer Säugetierarten regulieren. Aufgrund der Löwen können sich Besucher nur im eingezäunten Rest Camp des Nationalparks frei bewegen. Außerhalb des Rest Camps darf das Auto auf Scenic Drives der Game View Area nur in einigen bezeichneten Zonen auf eigenes Risiko verlassen werden.
Rest Camp und Unterkunft im Karoo Nationalpark
Innerhalb des Rest Camps bestehen 3 Häuserzeilen mit jeweils 8-10 Cottages. Belegt sind jedoch überwiegend nur die mit Klimaanlage ausgestatteten Cottages der Zeile 3, in der uns das letzte Cottage der Zeile für die kommenden 3 Tage zugewiesen wurde. Das Cottage ist überraschend komfortabel und wohnlich eingerichtet und verfügt über Satellitenfernsehen, das wir jedoch nicht nutzen. Mehr Wert legen wir auf eine Internetverbindung, die jedoch für Besucher selbst im zentralen Teil des Rest Camps nicht zugänglich ist.
Alle Cottages verfügen über eine große, teilweise überdachte Terrasse mit Grillplatz. Von der Terrasse blicken wir auf die stark erodierten Tafelberge der Nuweveld Mountains. Geologische Formationen der zentralen Karoo sind bis zu 5 Milliarden Jahre alt. Bevor der Super-Kontinent Gondwana in die uns bekannten Fragmente Afrika, Südamerika, Madagaskar, Indien, Australien, Antarktis zerbrach, war das Gebiet der Karoo ein riesiger See, den eine mächtige Gebirgsregion von Ausmaßen des Himalaja umgab. Die an Regionen in Arizona erinnernden Nuweveld Mountains des Karoo Nationalparks sind ursprünglich keine Mountains. Mit dem Erosionsprozess der erwähnten Hochgebirge lagerten sich im Karoo-Becken mehrere Kilometer starke Sedimentschichten ab, die vulkanisches Material teilweise verfestigte. Die unterschiedliche Erosionsgeschwindigkeit von weichem und hartem Material modellierte in Sedimentschichten des Karoo-Beckens die von Magma und Basalt durchsetzten Tafelberge der Nuweveld Mountains.
Im Zentralbereich des Rest Camps befinden sich Rezeption, Shop und ein Restaurant. Der schwache Besuch des Restaurants zum Dinner am Ankunftstag ist wenig aussagekräftig. Südafrikaner pflegen nämlich am Abend zu grillen. Unser Restauranttest enttäuscht. Einrichtung und Ambiente des Restaurants sind eher abschreckend als einladend. Die Küche bietet nicht mehr als schlechtes Kantinenniveau. Der Service passt sich diesem Niveau an. Selbstversorgung scheint uns die bessere Alternative zu sein. Die Stadt Beaufort West liegt nur etwa 10 km entfernt und bietet ausreichende Einkaufsoptionen. Erfreulicher fällt das im Preis der Übernachtung eingeschlossene Frühstück aus, das wir bei angenehmer Temperatur im Außenbereich des Restaurants einnehmen. Der Weg vom Cottage zum Restaurant beträgt maximal 300 m. Den Weg gehen wir selbstverständlich zu Fuß, während Südafrikaner selbstverständlich das Auto nutzen. Am zweiten Morgen treffen wir auf ein weiteres Fußgänger-Paar. Das müssen Deutsche sein. Es sind Deutsche.
Im Nationalpark werden kostenpflichtige geführte Ranger-Touren für 4-9 Personen angeboten. Wir würden gerne teilnehmen, aber die Mindest-Teilnehmerzahl kommt aufgrund des schwachen Besuchs des Rest Camps nicht zustande. Ob wir etwas verpassen, können wir nicht beurteilen. Langeweile kommt durch diesen Sachverhalt nicht auf, weil genug Optionen für Selfguided-Touren bestehen. Außerhalb des Rest Camps liegen in der Game View Area zwei von Normal-PKW’s befahrbare Scenic Drives, die zu Rundfahrten in den Nuweveld Mountains einladen, der 45 km lange Potlekkertjie Loop, an den sich der 13 km lange Klipspringer’s Pass anschließt sowie der 15 km lange Lammertjiesleegte. 4WD-Fahrzeuge können deutlich tiefer in die Landschaft vordringen. Innerhalb des Rest Camps sind 2 kürzere Hiking Trails als Lehrpfade eingerichtet. Ein Interpretive Center und ein Bird Hide an einem Feuchtgebiet bieten weitere Optionen. Wir nutzen die interessanten Angebote, lieben aber auch die Muße auf der Terrasse unseres Cottage und das nachmittägliche Konzert von Gewittern, starken Regenfällen und stürmischem Wind.
Über Aktivitäten unseres Aufenthaltes berichtet der Post Aktivitäten im Karoo Nationalpark.
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