Besuch einer Himba-Siedlung der Marienfluss-Conservancy
Das Serra Cafema Camp liegt im Naturschutzgebiet Marienfluss Conservancy, das dem Stamm der Himba gehört. Das Gelände des Camps hat die Organisation Wilderness Safaris im Rahmen eines Joint Ventures von Himba people der Marienfluss Conservancy gepachtet. Beide Seiten profitieren von wechselseitigen Vereinbarungen und verpflichten sich zu gegenseitigem Respekt. Mitglieder des Stamms leben auf beiden Seiten des Kunene, Grenzfluss zwischen Namibia und Angola. "No one can control them, they do what they want," erklärt Dawid. Auf dem Weg zur Himba-Siedlung stimmt uns Dawid auf die Begegnung ein und macht uns mit Hintergründen, Geflogenheiten, Aspekten des sozialen Lebens und einigen Besonderheiten vertraut.
Himba gelten als selbstbewusstes und stolzes Volk. Ihnen ist bewusst, dass sie eine touristische Attraktion sind. Für Besuche von Touristen und deren Fotos verlangen sie kein Geld, aber sie erwarten, dass Touristen kunsthandwerkliche Arbeiten einkaufen und genannte Preise ohne zu handeln akzeptieren. Dawid rät uns, 100 ZAR pro Person auszugeben (ca. 7 €) und nennt uns einige typische Preise. Um Kontakt mit ihnen aufnehmen zu können, fordern sie lt. Dawid Zeichen des Respekts ein. Im Schnellkurs erlernen wir einige Verhaltensregeln sowie Wendungen in ihrer Sprache, die zur Sprachfamilie der Bantusprachen gehört.
Die nur temporär bewohnte Siedlung besteht aus weniger als 10 primitiven Bienenkorbhütten und einem Kral, in dem ein Kalb gehalten wird. Im Schatten einer der Hütten sitzen mehrere Frauen. Kinder tollen durch die Siedlung. Männer sind nicht zu sehen. Dawid bittet uns zu warten und geht voraus, um mit den Himba-Frauen zu sprechen. Er beherrscht ihre Sprache.
Nach Rückkehr erklärt Dawid, wir könnten jetzt umhergehen und Fotos aufnehmen. Während wir von Hütte zu Hütte schlendern, kommentiert er die Szenerie und erläutert biografische Details einiger Frauen, denen wir auf unserem Rundgang begegnen. Ehen sind relativ locker und werden bevorzugt in verwandtschaftlichen Beziehungen gestiftet, in denen sie leichter zu arrangieren oder aufzulösen sind und Kosten überschaubar bleiben. Außereheliche Beziehungen sind üblich und sozial akzeptiert. Über den Zeitraum ihrer Fruchtbarkeit bekommen Frauen pausenlos Kinder.
Crocodile, Tochter und Enkel |
Während wir in der Siedlung umhergehen, ignorieren uns die Bewohner scheinbar. Ohne dass wir ein Signal wahrnehmen, erheben sich die Frauen und ergreifen Plastiktüten und Wolldecken. Im Zentrum der Siedlung bilden sie mit ihren Decken einen Halbkreis und breiten auf den Decken kunsthandwerkliche Artikel aus, die in Plastiktüten aufgehoben waren: Armbänder, Ketten, kleine Korbwaren, Holzschnitzereien etc.. Der Markt ist eröffnet. Dawid assistiert, indem er bei Interesse den Preis eines Artikels erfragt. Gisela ersteht 2 Armreifen zu je ZAR 50 (ca. 3 €) sowie eine aus Holz geschnitzte Tierfigur zum Preis von ZAR 100 (ca. 6 €). Die Armreifen trägt Gisela seit diesem Zeitpunkt am rechten Handgelenk. Die Tierfigur ergänzt seit unserer Rückkehr ein dekoratives Ethno-Ensemble in unserem Bad.
Haartracht, Schmuck und Körperbemalung sind für Himba unverzichtbare Bestandteile ihrer Kultur und haben nicht nur (aber auch) ästhetische, sondern auch symbolische Bedeutungen, die sich Dritten nicht spontan erschließen. Frisuren und Schmuck bezeugen den sozialen Stand eines Mitglieds. Die auffällige rote Köperbemalung wird täglich neu aufgetragen. Dazu werden eisenoxidhaltige ockerfarbene Steine zermalen und mit Butterfett zu einer Creme vermischt, die mit dem Harz des Omuzumba-Strauches parfümiert wird.
Auch aus europäischer Sicht haben Himba eine schöne Gestalt, vergleichbar den Massai, und praktizieren eine äußerst anmutige natürliche Körperhaltung und Gehweise, die uns kaum gelingt und 'Models' unserer Kultur erst lernen müssen.
Während die besuchten Himba völlig locker und emotional scheinbar unberührt in einer professionell anmutenden Haltung unseren Besuch ertragen, ist der Besuch der Himba-Siedlung für uns und auch für Nola und Jim mit unangenehmen Emotionen voyeuristischer Peinlichkeit verbunden. Wenn Dawid uns die Entscheidung überlassen hätte, wären wir nicht zur Siedlung gefahren. Im Nachhinein erweist sich der Besuch als ein herausragendes Higlight unserer Reise, das uns noch immer beschäftigt.
Sundowner an der Skeleton Coast
Auf der Rückfahrt zum Camp stoppt Dawid das Fahrzeug auf einer Anhöhe, von der wir über das Kunene-Tal in Richtung Angola schauen. Während wir uns am Ausblick berauschauen, baut Dawid die Bar auf, die neben Wein, Bier und Softdrinks auch Knabberzeug bereithält. Während sich Nola und Jim für Chenin Blanc entscheiden, wählen wir Sauvignon Blanc.
Wie in den Tropen üblich, vollzieht sich der Sonnenuntergang rasant. Vom Aufsetzen der Sonne am Rand des Horizonts bis zu ihrem völigen Verschwinden verstreicht etwa eine Minute. Nachdem die Sonne untergangen ist, brechen wir sogleich auf, um die schwierige Strecke zum Camp nicht im Dunkeln zurücklegen zu müssen.
Dinner im Serra Cafema Camp - Fotogalerie Dinner
Bei Ankunft im Camp ist ein Boma am Hauptgebäude bereits stimmungsvoll mit Kerzenlicht und einem Holzfeuer illuminiert. Um das offene Feuer im Halbkreis gruppierte Stühle laden zum Aperitif ein.
Das Dinner wird an paarweise eingedeckten Tischen serviert. Die Karte führt je Gang jeweils 2-3 Gerichte auf, aus denen wir das Menü zusammenstellen. Als Starter wählen wir vorzügliches 'Chicken Satay' auf Salat. Zum Hauptgang entscheiden wir uns für Fisch und Wild. Das Kingklip-Filet mit Linsengemüse und das Oryx-Filet sind von exzellenter Qualität. Das 'medium rare' gewünschte Wild ist so perfekt, wie es nur Spitzengastronomie bietet. Der Cheese zum Dessert ist deutlich besser, als wir erwartet haben. Der begleitende Wein, ein südafrikanischer Shiraz, vermag zu begeistern. Uns ist ein Rätsel, wie es in dieser Abgeschiedenheit möglich ist, derart hohe Qualität zu bieten.
Nach dem Dinner ist unser Bungalow dezent beleuchtet. Gute Hausgeister haben die Betten aufgeschlagen und Ventilatoren eingeschaltet. Wir werden gut schlafen. Die einzigartigen Erlebnissen des Tages wirken lange nach und sind auch Monate später in unserer Erinnerung kaum verblasst. Was für ein Tag! Was für eine Reise! Die Intensität dieser Erfahrungen bleibt letztlich dem individuellen Erlebnis vorbehalten.
Medien und Quellen zur Demografie, Geschichte und Kultur der Region
Um einen persönlichen Reisebericht nicht mit sekundärem Quellenmaterial zu überfrachten, sind eine Reihe von Quellen im nachfolgenden Anhang aufgeführt.
Bildmedien
- Himba-Fotos von Jimmy Nelson: http://www.beforethey.com/tribe/himba
- Video von Rebecca Sommer: HIMBA DANCE in Omuhonga, Kaokoland desert, Namibia (February 2012)
- Demografie Namibias
- Kaokaveld
- Kunene (Region)
- Kunene (Fluss)
- Ethnien Himba und Herero
- Völkermord an den Herero und Nama
- Bantusprachen
- Sprachfamilien Bantu und Khoisan
- Namibian Association of Community Based Natural Resource Management (CBNRM) Support Organisations (NACSO): Profile Marienfluss Conservancy (engl.)
- Earth Peoples Blog: Namibia: Indigenous Peoples Demant Their Rights (engl.)
- Webseite HIPO: HIZETJITWA Indigenous Peoples Organisation (engl.)
- Artikel der Webseite Ethnopsychoanalyse über Himbas:
- Horst Brodbeck Himba
- Horst Brodbeck Kindheit bei den Himba
- Rundfunkbeitrag Jan-Philippe Schlüter: Himba-Nomaden - Leben wir vor 500 Jahren
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