Unser Rückflug nach Frankfurt startet um 21:00 Uhr in Windhoek. Den Tag nutzen wir für einen Rundgang in Windhoek, auf dem wir Eindrücke unserer 8 Jahre zurückliegenden Namibia-Reise auffrischen. Nach ausgiebigem Frühstück auf der Terrasse des The Olive Exclusive machen uns auf unserem profilierten Fußweg in die Stadt bereits am Vormittag Sonne und Hitze zu schaffen. Die überschaubare Museumslandschaft der namibischen Hauptstadt haben wir vor 8 Jahren besucht. Da unsere Erinnerungen zu keiner Wiederholung des Besuchs motivieren, führt unsere erste Etappe zum Botanischen Garten in ca. 4 km Entfernung. Fotoserie Spaziergang in Windhoek
An unserer Route zum Botanischen Garten liegen Monumente peinlicher deutsch-namibischer Kolonialgeschichte, wie Christuskirche und Alte Feste. Auf einem Platz zwischen den Gebäuden erinnerte bei unserem früheren Besuch ein Reiterdenkmal an Genozide in Kolonialkriegen des deutschen Kaiserreichs. Das historische Reiterdenkmal musste dem bombastischen Neubau des Independence Memorial Museums weichen und hat nach einigen Kontroversen einen Platz im Innenhof der Alten Feste erhalten. Planung und Ausführung des Independence Memorial Museums lagen in der Hand des nordkoreanischen Staatsunternehmens Mansudae Overseas Projects, das von der Familie des Staatspräsidenten Kim Jong-il bzw. Kim Jong-un kontrolliert wird.(1) Mit vierjähriger Verzögerung wurde das Museum im März 2014 eröffnet. Am historischen Standort des Reiterdenkmals befindet sich mittlerweile eine Sam Nujoma-Statue im Stil des sozialistischen Realismus. Die Alte Feste ist geschlossen, seitdem Sammlungsobjekte der Kolonialgeschichte und des Befreiungskampfs in das Independence Memorial Museum umgezogen sind.(2)
Der am Rand der Innenstadt liegende Botanische Garten ist keine Garten- und Parkanlage, wie sie in vielen Metropolen anzutreffen ist, sondern ein öffentlich zugängliches Naturreservat, das vom nationalen botanischen Forschungsinstitut zum Schutz und Erhalt endemischer namibischer Flora betreut wird.(3) Am Eingang der eher unbekannten Einrichtung empfängt uns eine Mitarbeiterin und weist auf das Besucherbuch hin, in das wir uns eintragen und beim Verlassen austragen müssen. Die letzte Eintragung ist 3 Tage alt. Besucherzahlen der Vorwoche waren durchweg einstellig. Besucher kamen überwiegend aus dem deutschsprachigen Kulturraum. Eine ausgehändigte Skizze erleichtert die Orientierung auf 'self-guided walking trails' im unübersichtlichen, 12 Hektar großen Hügelgelände.
Auf dem Rundgang treffen wir auf das Ehrengrab des Damara Chiefs Gaob Xamseb. Eine Tafel am Grab informiert über das Schicksal. 1890 rebellierte Gaob Xamseb gegen deutsche Besatzung und wurde daraufhin inhaftiert und enthauptet. Nach langjähriger Suche wurde sein Grab 2006 gefunden und an diesen Platz überführt.(4)
Nach ca. einer Stunde sind wir alle Trails abgegangen. Der inzwischen fast unerträglichen Hitze können wir nur durch Rückzug entfliehen. Im Besucherbuch hinterlassen wir den Kommentar "Very impressing and instructive!" und schleichen zurück zum Stadtzentrum.
An der Independence Ave retten wir uns in den auf die Kolonialzeit zurückgehenden schattigen Zoo Park. Tatsächlich gab es in der Anlage ehemals einen Zoo, der aber schon lange nicht mehr besteht. Nur scheinbar erhalten blieb das 1916 erbaute Café Zoo, in das wir für einen Drink einkehren. Das historische Gebäude wurde vor ca. 50 Jahren abgerissen und 2001 mit altem Namen neu erbaut. Bei unserem Besuch vor 8 Jahren war das Café Zoo eine deutschsprachige Domäne mit deutschsprachiger Karte, deutschem Kuchen und deutsch sprechendem Personal. Die Beschriftung 'Café Zoo' täuscht darüber hinweg, dass nach etlichen Besitzerwechseln die Restauration aktuell als 'Café Balalaika' firmiert und im Betrieb alle historischen Bezüge abgelegt hat. Das auf der gegenüberliegenden Straßenseite liegende Restaurant im 1913 erbauten Gathemann-Haus scheint noch zu existieren. Ende 2007/8 galt das vom Schweizer Gastronom und Honorarkonsul Urs Gamma betriebene Restaurant als Nr. 1 in Windhoek. An Gerichte des Dinners haben wir bessere Erinnerungen als an den eher ruppigen Service.
Anmerkungen
- Ulrike Laufer in 'zeitgeschichte online': Nationalgeschichte als Befreiungs-Saga: Das Independence Memorial Museum in Namibia
- Den von der deutschen Kolonialmacht in der Kolonie Deutsch-Südwestafrika an Herero und Nama verübten Genozid der Jahre 1904 - 1908 und dessen bis in die Gegenwart verschleppte Aufarbeitung beschreibt ein Wikipedia-Artikel: Völkermord an den Herero und Nama
Seit 2015 verhandeln Sonderbeauftragte des namibischen Parlaments und der Bundesregierung über Fragen einer Entschädigung. Ein Artikel der FAZ vom 05.07.2016 informiert über die Positionen der Verhandlungspartner: Deutschlands Angst vor der Entschädigung
Mittlerweile hat die deutsche Regierung erstmals in einem offiziellen Dokument die Massaker an den Herero und Nama als Völkermord anerkannt, berichtet die FAZ in einem Artikel vom 13.07.2016: Bundesregierung stuft Herero-Massaker als Völkermord ein
Spiegel Online berichtet am 13.07.2016: Deutschland entschuldigt sich offiziell bei Namibia - Offizielle Webseite der Einrichtung (engl.)
- Im Web waren keine weiteren Informationen über das traurige Ereignis zu finden.
Die gemeinnützige deutsch-namibische Organisation Living Culture Foundation Namibia (LCFN) informiert auf einer gemeinsam betriebenen Webseite über die Ethnie der Damara und das Projekt Lebendes Museum der Damara.
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